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Frischluft statt Haarfarbe

Mai 5, 2012

„Und?“ ruft mir die einzige anwesende Friseuse im Salon zu, während sie einer der zwei anwesenden Kundinnen irgendwas in die Haare schmiert.

Ich gebe zu, ich hasse es, Termine beim Coiffeur zu machen. Schaffe ich es doch kaum, meine Arzt- und Amtstermine einzuhalten, vermeide ich im übrigen Leben die Einengung meiner Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit durch die Festlegung, zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten zu sein.

Deshalb gehe ich, wenn ich denke, heute hätte ich Lust und es wäre auch Zeit, ein bisschen am Kopfschmuck rum zu schneiden oder rum zu färben, seit Jahren in unregelmäßigen Abständen zu einem Fachgeschäft, wo man bzw frau ohne Termin aufschlagen darf. Ist etwas teurer, kommt aber meiner Abneigung gegen verpflichtende Termine entgegen.

Und da die Friseuse letztens meinte, es sei schon sinnvoll, alle 6 Wochen zu kommen, schwang ich mich also heute aufs Rad. Zugegebenermaßen eine ganze Stunde später als heute morgen noch gedacht.

So saßen im Salon also zwei Kundinnen und ein Kunde. Es hätte schlimmer sein können und um diese Zeit sollten auch zwei Fachkräfte im Haus sein. Buch hatte ich auch mit. Kaffee gibt es für die Wartenden auch. Also.

„Und?“ ruft die Friseuse noch mal quer durch den Salon, als ich mich beim ersten „und“ nicht angesprochen fühle.

„Oh, kein Problem, ich warte bis jemand hier zur Kasse kommt“, antworte ich leicht verwirrt (wegen der merkwürdigen Ansprache). Die zweite Friseuse ist offensichtlich grad irgendwas holen oder anrühren oder was weiß ich und kann sicher, eh sie sich der 2. Kundin, die mit zum Himmel stehenden Haaren am Frisiertisch sitzt, widmet, mal kurz her kommen um mein Begehr zu erfragen. Ich schreie auch wirklich nicht gern „Einmal Ansätze färben“  und „Hier und hier, das soll weg“ quer durch einen Frisiersalon.

„Ja, das dauert aber ein Stündchen“, ruft die Fachkraft, während sie der ersten Kundin noch mehr Zeugs in die Haare schmiert.

Was, bis ihre Kollegin erscheint? Muss die 2. Kundin mit zum Himmel stehenden Haaren jetzt „ein Stündchen“ so sitzen? Oder ist gar keine Kollegin da, die Fachkraft allein? Die Lage kurz einschätzend komme ich zu dem Schluss, das ich  einer Friseuse, die Kunden mit einem „Und?“ begrüßt, wohl nicht all zuviel nützliche Informationen über die tatsächlich zu erwartende Wartezeit entlocken werde und finde, dass die Haare eigentlich noch ganz gut aussehen.

Verlasse den Laden, radle heimwärts durch die Innenstadt und werde von einem Schaufensterangebot zum Halten gezwungen. Standventilatoren, preisgesenkt. Das erscheint mir wie ein Wink des Schicksals, kommt mir die Idee zur Anschaffung eines Frischluft (im Sinne von frisch wie kühl) spendenden Ventilators doch immer erst im Sommer und immer, wenn es nirgends mehr welche gibt. Nicht mal im Internet!

Zu Hause baue ich das Ding eigenhändig und trotz scheinbar in China geschriebener  „Montageanleitung“ zusammen. Und ja! Es funktioniert. Und wenn ich mich genau davor setze, sehe ich auch aus wie gerade vom Coiffeur gekommen. Fönfrisur mit Diffusor oder so.

10 Kommentare leave one →
  1. Mai 5, 2012 6:57 pm

    Den Tipp hätte ich vor dem Friseurtermin gebraucht. 😉

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    • Mai 5, 2012 11:10 pm

      Ja, ne? Und im Nachhinein war die Föndiffusfrisur vom Ventilator eh besser, stand ich doch am Nachmittag bei strömendem Regen und heftigem Wind an der Anlegestelle eines Fahrgastschiffes.

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  2. Mai 5, 2012 7:23 pm

    lustiger bericht 🙂
    ich finde es auch nervig, wenn man so angeredet bzw. angeschrien wird, ist mir auch schon passiert. liebe grüße

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  3. Mai 5, 2012 8:22 pm

    Zu einem etwas teureren Friseurladen würde eigentlich auch ein etwas gepflegterer Umgang mit Kunden/innen gehören, finde ich…

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  4. Mai 5, 2012 11:44 pm

    könnte ein Posting von mir sein 🙂
    …sowohl was den Friseur als auch den Standventilator betrifft: der Standmiefquirl kommt in den nächsten Tagen ins Haus…

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  5. Mai 6, 2012 10:20 pm

    Bin gestern nach einem spontanen Frisörbesuch panisch nach Hause gefahren, wo ich mit der Schere Schadensbegrenzung gemacht habe. Jetzt würde leider auch ein Ventilator nichts mehr nützen; ist irgendwie nicht mehr viel da 😦 .

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    • Mai 7, 2012 4:09 pm

      Oh, das kenne ich auch. Als ich mal noch gaaaanz ganz lange Haare hatte, wollte ich nur die Spitzen und so. Die Friseuse fing hinten an und ich hatte schon so ein komisches Gefühl. Jedenfalls, nach dem Friseur hatte ich einen 1a Kurzhaarschnitt. Einen wirklich gaaaaanz ganz kurzen Kurzhaarschnitt.

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      • Mai 7, 2012 10:09 pm

        Als die vorgestrige Schrecköse gefragt, hat, ob sie die beiden total ungleichen Seiten angleichen soll, indem sie die rechte kürzt und ich darauf meinte: nee – die linke bitte länger!!!, da hat sie sich sehr erschrocken. Die gedankliche Flexibilität ging ihr total ab.

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