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Bezugsgruppe Demenz

April 28, 2015

Muss auch mal sein, …
dass ich mich bedanke.
Bei Legida.
Jawohl.
Wat mut dat mut.
Schließlich bescheren mir die besorgten Bürger seit Januar fast wöchentlich ein Fitnessprogramm. Kostenlos.
Erst bin ich ein bisschen vom Westplatz über den Ring ins Waldstraßenviertel gerannt, dann zum Bahnhof und von da zum Johannisplatz und wieder zurück und dann wieder zum Johannisplatz.
In den letzten Wochen ging es dann fast ein bisschen langweilig zu. Augustusplatz, dann zum Johannisplatz trotten, aber zurück, zurück musste ich flitzen.
Weil, der Polizei gebührt in diesem Zusammenhang natürlich auch mein Dank. Allerdings erst an zweiter Stelle. Denn ohne das kleinste Volk der Welt wären die ja nicht da. Da sie nun aber mal da sind, tun sie alles, mir ein ordentliches Fitnessprogramm zu bieten. Wenn nämlich die Legionellen 200m laufen, legen die Herren und Damen Staatsbediensteten immer einen schönen Kurs für mich, da muss ich mindestens 1 km rennen, vorausgesetzt, ich kenne mich schon ein bisschen aus und renne nicht falsch und stehe vor Ninja Turtles, die mich partout nicht durchlassen wollen und außer, „Gehen Sie da lang“ und dabei immer dahin zeigen, wo ich hergekommen bin, auch nichts weiter zu sagen haben. Dann nämlich schlage ich Zickzack und laufe bestimmt mehr als 1 km. Dazu der Stress der Angst, dass ich vielleicht zu spät komme. Aber die Abendlandverteidiger gehen ja auch in Leipzig spazieren, d.h., sie laufen sehr, seeehr langsam. (Vielleicht, damit sie mehr aussehen?).
Vor einer Woche plötzlich eine Planänderung. Statt Augustusplatz Simsonplatz. Und man spaziert zum Richard Wagner Platz und wieder zurück.
ZURÜCK!
Auf der gleichen Strecke.
Montag, vor eine Woche, das war fast Wellness.
Dem Aufruf, so zeitig wie möglich an der Thomaskirche zu sein, folgte ich gerne. Saß mit Buch und Kaffee und Sitzkissen in der Parkanlage zwischen Kirche und Spazierweg. Ganz allein. Und zwei Alkoholikern. Und 40 Polizisten.
Das war so langweilig und unsportlich, dass ich später, um mich überhaupt zu bewegen, als dann doch noch ganz viele andere gekommen waren, die die Spaziergänger auch nicht leiden können, auf das Denkmal vom Mendelssohn geklettert bin. Das war dann auch noch lustig. So ein bissl wie beim rosaroten Panter. Nur, dass kein Zebra kam und ich von oben geguckt habe und nichts überqueren wollte. Nix los und doch so viel Bewegung. Polizeiautos, die auf der Straße, die noch frei von Spaziergängern war, im Kreis fuhren. Berittene, die erst dahin ritten und dann dorthin. Eine plötzliche Konzentration von jungen Menschen, die Sekunden nach der Konzentration plötzlich sehr zielorientiert los rannten. Eine etwas größere Konzentration von Ninjapolizisten brauchte nur 30 sec, um hinterher zu rennen. Und dann merkten es auch die nicht so konzentrierten jungen Menschen und rannten auch hinterher. Aber viel ungeordneter als die zwei ersten Trupps. Ein Freund, wie ich schon etwas älter, äußerte sich besorgt, ob wir jetzt hier allein die Spaziergänger empfangen müssten. Aber ich beruhigte ihn, dass die sicher bald zurück kämen und behielt Recht.
Um mich nicht ganz dem Müßiggang hinzugeben, bin ich dann doch noch gerannt. Als die Spaziergänger zurückspazierten, natürlich geradeaus, rannten wir durch die halbe Innenstadt, um zum Neuen Rathaus zu kommen. Unterwegs testeten die Freunde von der Polizei dann noch meine und unsere Reaktionsfähigkeit: Wer kann am schnellsten vor eilig dahinfahrenden Polizeiautos wegspringen. Einer war wohl nicht so schnell, das ärgerte den Fahrer so dermaßen, dass ihm ein politisch unkorrektes Du Schwuchtel entfuhr.
Gestern aber, gestern war nix mit Wellness. Auf die Polizei ist eben Verlass. Da war die Spazierstrecke so weiträumig abgesperrt, dass die Ankündigung, man könne in Sicht-und Hörweite protestieren, schon fast ein bisschen zynisch klang. Das Mendelssohn-Denkmal lag unerreichbar im Niemandsland zwischen Hamburger Gittern und Spazierweg. Und um sich zu bewegen, musste sich unsereins gewohnt weiträumig bewegen. Am Standesamt meinte ein Ninja gar, wir sollen über die Karl-Liebknecht-Straße gehen. Ich glaube, der war nicht von hier. Oder es war Spaß. Gestern waren die Turtles nämlich ziemlich viel zum Spaßen aufgelegt.
Dabei wollten wir gestern gar nicht zur Thomaskirche. Von wegen Regen und alte Frauen und schon ein bisschen Weichei.
Die Gudrun und ich schlenderten direkt zum Simsonplatz und warteten auf alte Frau Nr.3. Die kam, ging noch mal 100m weg die Straße runter, ihr Fahrrad anzuschließen und wurde von zwei Herren Staatsdienern nicht zurück gelassen. Trotz Winken und Rufen. Parallelstraße dirigierte ich sie und die Gudrun und ich bewegten sich erstmalig eiligen Schrittes. Schließlich lösten sich all die Spazierfeinde gerade von den ein bisschen Regenschutz bietenden Häuserwänden, überquerten die Straße und nahmen Aufstellung am Flussgeländer, um dem kleinsten Volk der Welt den Marsch zu blasen, pfeifen und trommeln. Das kleinste Volk war wieder bedenklich geschrumpft. Trotz Butz, dem Lachmann. 200 schätzte ich, andere sagen 300, wieder andere 350. Trotzdem, wenn das so weitergeht, fällt noch mein Fitnessmontag ins Wasser. Irgendwann. Besorgt nahm ich einen Trupp Polizisten wahr, die nun in geschlossener Formation über die Straße eilten.
Wir nahmen die Freundin in Empfang…
… und durften nicht mehr ans Flussgeländer.
Also doch ein bisschen rumrennen. Weitläufig.
An der Thomaskirche das oben beschriebene Bild. Also zurück zur Kreuzung am Neuen Rathaus.
Aber zum Glück, auch 200-350 Abendlandverteidiger spazieren langsam genug, dass man sie an der Thomaskirche dann noch mal in Empfang nehmen kann. Anderen, die das am Richard-Wagner-Platz wollten, und denen die Herren und Damen Ninjas den Weg durch die weitläufigen Grün- und Parkanlagen zwischen Spazierweg und Bebauung verwehrten, blieb nur das Rennen durch die dann doch recht engen Straßen der Innenstadt. Das wirkt dann auch gleich viel bedrohlicher. So 100-200 junge Leute im Pulk. Da kann sich der Bürger aus der Mitte gleich besser aufregen über gewaltbereite Chaoten. Und kesseln kann man da auch viel besser. Obwohl, gekesselt wurde gar nicht. Die Turtles haben den Zug nur ein bisschen festgesetzt.
Inzwischen kamen die Spaziergänger zurück und Gudrun zweifelte doch stark daran, dass wir vor ihnen am Rathaus seinen könnten. Vertrau uns, liebe Bloggerfreundin, und wir eilten los. Und natürlich behielt ich auch diesmal wieder Recht.
Und später dann, weil man sich nach so einem frustrierenden Tag etwas Gutes gönnen muss, kam uns beim revolutionären Getränk dann auch die Idee für den Namen unserer Bezugsgruppe. Das Kind, das Kleine, hatte mir schon im Januar berichtet, dass man das in Dresden so mache. Die Gudrun hats auf einem Seminar auch so gelernt.
Also.
Bezugsgruppe Demenz. (Obwohl ich ja fast ein bisschen finde, dieser Namen passe besser zu einer Gruppe Alt-Legionellen)

10 Kommentare leave one →
  1. April 28, 2015 1:58 pm

    Die angeblichen „Freunde und Helfer“ sind wohl sehr bedacht darauf, dass ihr allwöchentlich zu eurem Fitness-Programm kommt. Ich erkenne da immer mehr Land unter für die rudimentären Reste unserer Demokratie…

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    • April 28, 2015 4:39 pm

      Ja, ich wundere mich auf. Das lief schon besser hier in LE. Als der Herr Worch noch kam, da waren wir uns einig. Jetzt sind zwar auch hauptsächlich solche Leute da wie damals, aber die besorgten Bürger haben die salonfähig gemacht. Und die müssen eben beschützt werden vor den bösen Feinden des Spaziergangs

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  2. April 28, 2015 2:07 pm

    Und nun lese ich gerade, dass die „besorgten Bürger mit ihrem eigenen sportlichen Begleitschutz“ nur noch einmal montags in Leipzig spazieren wollen. Bleiben wir lieber mal wachsam. Aber nächste Woche, da wird die Bezugsgruppe wohl mal feiern müssen. Das wird man wohl mal sagen dürfen, oder?
    (Ich habe übrigens Muskelkater. „Toll“, würde ein Fitnesstrainer sagen. 🙂 )

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    • April 28, 2015 4:37 pm

      Oh ja, ich habs grad gelesen. Und man rüstet nach Berlin. 1 Mio wollen die sein. in Worten EINE MILLION. Alle Gidas. Ich würde auch gern mit Klappstuhl und Kaffeekanne hin und mir ansehen, wie die den Bundestag stürmen. 😀
      Aber am Montag gibts erst mal ne Abschiedsfête

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      • April 28, 2015 9:06 pm

        So wie es aussieht, müssen wir doch wieder montags raus. Nu ja, dann ist es eben so. Aber Klappstuhl ist gut! Fast so gut wie Wartehäuschen. 🙂

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        • April 29, 2015 5:38 pm

          Also die nerven vielleicht. Was verteidigen die eigentlich? Ordnung und Planungssicherheit kann es nicht sein.

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  3. April 28, 2015 9:56 pm

    Hauptsache: Bewegung. Dagegen.

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  4. April 30, 2015 8:47 am

    Was mich bloss wundert: die Gidas hier und dort versetzen mit ihren Aufmärschen die Insassen des Berliner Reichstages dermassen in Aufruhr und wieso die Guten nichts draus lernen – wieso kommen da keine 5-15000 Menschen für einen Stadtrundgang zusammen?

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    • April 30, 2015 9:30 am

      Tja. Eine Frage, die ich mir jeden Montag stelle

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      • Gudrun permalink
        Mai 1, 2015 10:26 pm

        Als einzelner viele zu einem Aktionsbündnis zu mobilisieren ist verdammt schwer. Ich frage mich nur, wo die Gewerkschaften hin sind und einige größere Parteien? Einige, denn andere sind da, wenn auch vernehmlich oft als Einzelpersonen. An früheren Montagen habe ich mal SPD-Fahnen gesehen. Warum sind sie jetzt nicht da. Schließlich sitzt ein SPD-Bürgermeiste in dem Rathaus, an dem L**gida vorbei spaziert. Ich habe so viele Fragen. Ich sollte sie vielleicht stellen.

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