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Ein tierisches Ende

März 16, 2015

Sonntags ist immer nicht so sehr viel los. Gemessen an den Veranstaltungen der vorangegangenen Tage. Kein Wunder, befinden sich doch die meisten Besucher spätestens ab dem frühen Nachmittag auf der Heimreise.

Auch in meiner Bude ist wieder Ruhe eingekehrt. Die letzten Gäste trollten sich so gegen 10.

Das Kleine Kind ist schon irgendwann Samstag Mittag gefahren. Dummerweise sperrte sie dabei aus Versehen Milli the Cat im Schlafzimmer ein. Und als ich also ziemlich erschöpft nach Hause kam, nach all den vielen Lesungen, erschrak ich erst, folgte dann dem Geruch und stopfte nach und nach Kopfkissen und Bezüge und Matratzenauflagen in große blaue Mülltüten. Die Waschmaschine konnte ich um die Zeit ja schlecht anwerfen.

Mit Essig, Wasser und Bürste machte ich mich über die Matratze selbst her, wendete sie, schlief dann auf der „linken“ Seite und am Sonntag, als ich sozusagen freie Bahn hatte, öffnete ich die Plastiktüten nach und nach und wusch und wusch und wusch.

Gut, dass sonntags immer nicht mehr ganz so viel los ist.

15:00 Uhr, Kabarett Sanftwut in der Mädlerpassage

Komm, mir gehn bei die Giraffen, eine Lesung mit Musik. Dass das ohne Voranmeldung gehen soll, kann ich gar nicht glauben. Also bin ich lieber schon eine Stunde eher da.

Natürlich. Ausverkauft. Aber das zeitige Kommen wird belohnt, ich warte artig im Kaffee, bis ich erst eine Karte erwerben darf und dann irgendwo platziert werde.

Ist ihnen mal aufgefallen, dass sich Leute gern an den Rand setzen?

Im Kabarett sind in einer Reihe nur 6 Stühle. Und nun raten Sie mal, welcher frei ist? Natürlich rückt niemand nach. Da hievt sich ein korpulentes Paar lieber aus der Reihe, als dass ich ihnen möglicherweise den Fluchtweg versperre.

Kennen Sie den Leipziger Zoo? Also vielleicht wenigstens aus der Serie Elefant, Tiger & Co?

Ich bin ja quasi drinnen aufgewachsen. Also, so kommt es mir vor. Wie wohl allen Leipzigern. Und bei allen findet sich diese Kinderfoto auf dem weißen Pony. Also bei den älteren. Man konnte sich sogar mit kleinen Tigern fotografieren lassen, wenn grad welche da waren.

So etwas gibt es natürlich heute nicht mehr. Tierschutz und so. Aber um Tiere geht es der Kabarettistin Uta Serwuschok in ihrem Buch auch eher weniger. Vielmehr beschreibt sie, offensichtlich auch eine der vielen Dauerkartenbesitzerinnen, die Menschen. Die Besucher.

Und das ist Klasse. Bei der Lesung biege ich mich vor Lachen. Da vergesse ich fast, mir ein Tuch vor die Nase zu halten. Denn natürlich sind wieder so höchsten ein Dutzend Zuschauer unter 30 da, ein bissl Mittelalter, der Großteil aber mindestens so um die 70. So um die 70jährige Damen tendieren dazu, sich, wenn sie ausgehen, ein bisschen zu viel Parfüm aufzutragen. So sitze ich in einer Wolke aus Kölnisch Wasser und zu viel Parfüm. Beides führt bei mir, zu stark konzentriert, zu Kopfschmerzen und schlimmer noch, zu leicht asthmatischen Anfällen. So, presse ich mir also mein Tuch, dass ich in einer Anwandlung von Geistesblitz wieder aus dem Mantelärmel zog, als ich die Garderobe abgab, vor die Nase und versuche mich nicht zu sehr aufs Überleben, sondern auf das Programm zu konzentrieren, das ja wirklich köstlich ist.

Natürlich, vorgetragen von einer Kabarettistin, ist es noch mal besser, als gelesen. Das ist so ähnlich wie Max Gold. Eine Lesung ist einfach noch mal besser als seine an sich schon genialen Bücher.

Leider, das habe ich beim Hineinlesen, ich habe mir das Büchlein natürlich umgehend gekauft, mit Bedauern feststellen müssen, verzichtet Uta Serwuschok in selbem weitgehendst auf das Sächsisch. Vielleicht, damit auch Nicht-Sachsen die Unterhaltungen der beobachteten und beschriebenen Zoobesucher verstehen. So aber bleibt ein Stück Humor auf der Strecke. Denn ist nicht der Dialekt der Sachsen auch Ausdruck ihres Gemüts?

So kann ich jedem nur empfehlen, wenn es sich anbietet, eine Lesung nicht zu verpassen. Auch wenn er Die Geschichten vielleicht schon gelesen hat und kennt. Denn das Buch lohnt sich. Jedenfalls für alle, die gern in den Zoo gehen. Vorgetragen von Uta Serwuschok wird der Spaß aber verdoppelt.

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13 Kommentare leave one →
  1. März 16, 2015 4:34 pm

    Auweh! Hat Millie The Cat so wüst im Schlafzimmer „gehaust“?

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    • März 16, 2015 4:38 pm

      Oh nein, sie hat sich sehr bemüht. Aber wann man ca 8 Stunden nicht aufs Klo kann. Sie hat dann ins Bett gepullert, dummerweise zwischen die Kopfkissen, also waren beide.. Naja. Inzwischen ist ja alles wieder gut

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      • März 16, 2015 4:42 pm

        Als ich die Überschrift las, dachte ich zuerst voller Schrecken, Millie The Cat hätte in deinem Schlafzimmer das Zeitliche gesegnet…

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  2. März 16, 2015 4:44 pm

    Was das fehlende Sächsisch in dem von dir beschriebenen Buch anbelangt – ich habe bei einigen Lesungen auch schon die Feststellung gemacht, dass die lustigen Geschichten in der echten Mundart vorgetragen, weitaus besser ankommen als in der doch etwas mehr an das Hochdeutsche angelehnte schriftliche Version. 😉

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    • März 20, 2015 8:23 am

      Ja, das ist wohl so. Ich wäre selbst im Fernsehen in manchen Sendungen fürs Mundartliche, wenn es Untertitel gäbe…

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  3. März 16, 2015 11:11 pm

    Vorlesungen in Mundart sind garantiert lustiger, aber schriftlich? Das würde mich zu sehr verwirren und den Lesefluss deutlich einschränken, sogar bei Dialekten die ich beherrsche (also einem).

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    • März 20, 2015 8:22 am

      Nuja, ich muss sächsisch auch mir selber laut vorlesen, um es zu verstehen. Die Schriftform ist da doch zu ungewohnt

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  4. März 17, 2015 9:06 am

    Zum Glück geht solch ein Drama wieder zu Ende, gell. Millie war bestimmt das wandelnde schlechte Gewissen.
    Ich hoffe sehr, dass ich im nächsten Jahr wieder zur Messe und Leipzig liest kann. Seit Jahren war ich nicht ernsthaft krank, jetzt hatte es mich zum unpassendstem Moment umgehauen.

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    • März 20, 2015 8:25 am

      Oh ja, das kannst Du glauben. Obwohl sie ja wirklich nichts dafür konnte. Wenn man ihr sozusagen den Gang zur Toilette verwehrt.
      Und die Buchmesse. GAnz schön voll wars. Meine eine Gästin, die gestern nach einem Kurzurlaub in Dresden und Umgebung noch mal auf einen Kaffe vorbei kam, erzählte, dass man nicht mal mehr Platz in den Restaurants kriegte.Aber das wir dwohl an jedem Ort so sein, wenn Fest Menschen anzieht

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  5. März 19, 2015 7:41 pm

    Leider kommt sie wohl nicht zu den Preußen. 😦

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    • März 20, 2015 8:26 am

      Die Lesung wahrscheinlich nicht. Nee. Aber wenn Du hier bist, kannst Du ja mal schmökern und vielleicht lese ICH Euch die eine oder andere Geschichte vor? Sächsisch kann ich nämlich ganz wunderbar 😀

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  6. Susanne permalink
    März 20, 2015 4:12 pm

    Also, ich war in meinem ganzen Leben noch nicht im Leipziger Zoo, aber ich habe das Foto auf dem weißen Pony und auch das mit den Großkatzenbabys im Arm (ich meine allerdings, dass das Löwen sind). Das war also offensichtlich kein Leipziger, sondern mindestens ein DDR-weites Muss.:) Insofern passt das Buch dann ohne Dialekt besser, da kann sich dann die ganze Republik drin wiederfinden.

    Ich hatte übrigens auch zuerst gedacht, Millie wäre etwas Schlimmes zugestoßen. Ich hoffe, sie hat sich gut erholt, die Arme.

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