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Ich gucke nur Fernsehen

November 10, 2014

Mit dem gerade erworbenen Bücherstapel unterm Arm und der ebenfalls gerade erworbenen neuesten Ausgabe der Obdachlosenzeitung in der anderen Hand schiebe ich mich durch die kauflustigen Wochenendausflügler von einem zum nächsten Buchladen, als mich einer dieser jungen Männer anspricht, die sich hier, und bei Ihnen vermutlich auch, temporär immer mal in der Innenstadt oder am Bahnhof verteilen, mit zwei drei Büchern in der einen Hand, während sie mit der anderen einen Rollkoffer hinter sich herziehen und Passanten immer mit demselben Satz ansprechen: Liest Du gern?
Nein, antworte ich nun seit einigen Jahren automatisch, nachdem ich bei der ersten Begegnung dieser Art unwissend bejaht hatte und plötzlich ganz viele uninteressante Bücher geschenkt bekam und für jedes so ca. 15 DM spenden sollte. Ich bleibe nicht mal stehen, sondern schiebe mich weiter, höre aber noch den Neben- oder Zweitsatz des jungen Mannes: Oder guckst Du nur Fernsehen? Ja, rufe ich zurück, ich gucke nur Fernsehen.
Dabei schwenke ich zur Bestätigung und weil die gerade erworbenen Bücher etwas unhandlich und zu schwer sind, ersatzweise und zur Unterstreichung meiner Antwort „Die Kippe“ über meinem Kopf.
Dabei hatte ich mir vor Betreten der Innenstadt extra Münzen in die Taschen gesteckt, weil ja die Sonne schien und bestimmt viele Straßenmusiker in der Stadt seien. Aber denen war zu kalt.

17 Kommentare leave one →
  1. November 10, 2014 1:42 pm

    Oh, wie ich solche Bettel-Aktionen hasse! NaNoWriMo hat sich ja auch als eine solche, als Schreibprojekt getarnte, entpuppt…

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  2. November 10, 2014 4:07 pm

    Hahaha, das erinnert mich an eine Antwort des besten Werbeanrufabwimmlers von allen. Immer, wenn diese Finanzfuzzies anriefen, entgegnet er auf die Frag, ob er Steuern sparen wolle: Nein. Ich berappe gerne meinen Steuerobolus. Von irgendetwas muss das Gemeinwohl ja bezahlt werden. 🙂

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  3. November 10, 2014 7:52 pm

    Ach je (mit mineh), die Missionare. Am besten noch von irgendeiner dieser bigotten Religionsvermarktungsfirmen aus den USofA. Im Grunde tun die mir sogar leid, denn sie wissen ja in aller Regel garnicht in welchem Räderwerk zu welchen Zwecken sie eingespannt sind…

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  4. Susanne permalink
    November 13, 2014 3:29 pm

    Meine Antwort: „Ich lese nur das Kommunistische Manifest“. (Ursprünglich habe ich „Das Kapital“ gesagt, aber das wurde manchmal nicht verstanden/gekannt.) Funktioniert ungeachtet der Religion.

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