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Längst fällige Begegnungen (14.07.2013)

August 9, 2013

Ob es am Futon liegt, das sich als dünnes, auf dem Boden liegendes Etwas entpuppt, oder am Jetlag, ich weiß es nicht, aber ich habe nicht so wirklich gut geschlafen. Die Katze, scheint es, hat die ganze Nacht geschrien. Das ist natürlich Einbildung. Sie schreit immer erst morgens so ab 6.

wpid-IMG_20130714_090027.jpgAdam backt Pfannkuchen, also ich meine, pancakes. Interessiert beobachten wir jeden Schritt. Die Cousine schreibt sogar mit. Sie sind oberlecker, die pancakes. Und ich schwöre mir, die nie in einem Restaurant zu probieren, weil ich da wahrscheinlich enttäuscht werde.

Unsere Gastgeber wohnen in Central L.A. Da kann man viele Dinge zu Fuß erreichen. Zum Beispiel den Farmers Market. Dort schleppt uns Adam nach dem Frühstück hin. Dort treffe ich Kay.

Kay ist eine Brieffreundin. Seit 1983 oder 1984. So genau wissen wir das auch nicht mehr. Nur, dass das große Kind da noch nicht geboren war.  Wir haben uns noch nie getroffen und ich finde, dass die Zeit nun reif ist. Eigentlich ist Kay sogar ein bisschen Schuld an der Idee mit dem Greyhound. Ursprünglich wollte ich nämlich nur mal nach New York, weil da Freunde von mir lebten. Dann, als ich also entschlossen war, dachte ich, da könnte ich ja gleich noch nach L.A. und Kay treffen und weil ich schon immer mal mit diesem Greyhound fahren wollte, dachte ich mir, da mach ich das doch. Fliege nach NYC, besuche meine Freunde, fahre mit dem Greyhound  nach L.A., treffe Kay und fahre mit dem Greyhound wieder zurück.

Dann habe ich mir eine Karte angeguckt, also eine Landkarte, ich bin ja nicht so gut in Geografie, und stellte fest, ui, das ist ja an zwei verschiedenen Küsten und- verdammt- ziemlich weit voneinander entfernt. Da werde ich wohl meinen Jahresurlaub dafür nutzen müssen.

Die Freunde sind inzwischen wieder in Moskau, der Plan blieb.

Und nun also sitzen wir im Starbucks am Farmers Market und warten auf Kay. Adam hat mich inzwischen ausgefragt. Wie wir Brieffreunde wurden und ob wir uns schon mal getroffen haben und ob wir uns überhaupt erkennen.

Ich erkenne sie sofort. Was für ein Hallo. Die Cousine ist ganz gerührt und Adam schaut wortlos zu.

Er muss dann los einen Freund treffen und lässt uns drei Frauen allein (Eva ist arbeiten)

Wir stromern quatschend über den Markt und in einen anliegenden Park. L.A. ist hier ziemlich quietschebunt. Der Bauernmarkt ist auch schon längst kein wirklicher Bauernmarkt mehr, sondern heißt nur noch so.

Wir versuchen auch zu ergründen, seit wann wir uns schreiben. Und Kay wüsste zu gern, ob ich immer alle ihre Briefe erhalten habe. Hm, das wüsste ich auch gern. Es gab da ja diese Geschichte mit dem Buch. Aber Briefe? War denn nie was geschwärzt oder rausgeschnitten, fragt sie mich? Hä? Nö! Und dann erfahre ich verblüfft, dass meine Briefe offensichtlich zensiert waren. Oft waren ganze Passagen schwarz durchgestrichen, was noch ging, meint Kay, weil da konnte sie wenigstens das auf der Rückseite Geschriebene lesen. Wenn aber was rausgeschnitten war, tja, dann war auch das Stück Rückseite weg.

Kay ist ein Trekki, genau wie ich, da liegt es nahe, mal zum Walk of Fame zu fahren.

Dort gibt es weniger frequentierte Abschnitte und sehr stark besuchte. Ich wundere mich über die leeren Sterne. Ich dachte, die werden immer neu angefertigt. Aber nein, da gibt es jede Menge „freie“, die auf eine Gravur warten. Manche Namen finden sich mehrmals, weil man den Stern für Movies kriegen kann, und für Musik, für TV und Entertainment und was weiß ich noch alles. Ziemlich inflationär kommt mir das vor. Außerdem wird dadurch der ganze Walk viel zu lang. Nuja, ich weiß ja, in den Staaten ist alles größer und LA gleicht eh einer gigantischen Kleinstadt mit all diesen Flachbauten, nur die Straßen sind für eine Kleinstadt etwas zu breit (denke ich zu dem Zeitpunkt noch), aber der Walk ist ja zum drauf rum latschen gemacht, oder? Im Zentrum der Straße springen Filmfiguren rum und Straßenkünstler. Und hier sind auch viel zu viele Menschen. Hättest Du das geglaubt vor 30 Jahren?, fragt mich Kay, als wir an Gene Roddenberrys Stern stehen.

Sie setzt uns pünktlich um 5 bei Adam und Eva ab. Aber Adam kommt viel zu spät. Dann muss er noch einen Brotpudding backen. Wieder schauen wir interessiert zu und die Cousine schreibt mit.

Mit zweistündiger Verspätung, Eva ist inzwischen auch da, hopsen wir ins Auto und fahren zu einer Party.

LEUTE!!!

Ich denke, ich bin im Film.

Noch am Tag haben wir uns gewundert, dass die Leute gar nicht so fett sind, wie man sich den Ami so vorstellt

Und jetzt öffnet uns eine sehr große, sehr, äh, sehr dicke Afroamerikanerin. Das ist die Gastgeberin. Oder nicht? Denn im Haus stellt sie uns ihrer Mutter vor. Die ist nicht ganz so groß, aber noch ein bisschen breiter und ganz offensichtlich der Chef. Big Mama. Die beiden sind was an die 50 und über 70, haben aber ihren Gesichtern keine Chance gegeben, Falten zu bilden. Es springen noch der Freund der Tochter im Haus rum, ein paar Verwandte und eine dünne weiße kleine Frau mit abstehenden Ohren. Die passt hier nicht rein. Oh doch, die gehört zu Big Mama. Zu deren Frauengruppe, irgendwas mit der Kirche. Denn natürlich sind alles sehr religiös, sehr spirituell. Als Adam von einem Film erzählt, fragt Big Mama sofort nach der Christian Message darin.

Im Hintergrund, ich kann‘s kaum glauben, weil es zu viel des Klischees ist, läuft Soul Musik. Das Haus ist unheimlich kitschig eingerichtet. Die Sessel gleichen Thronen, sind allerdings, um sie zu schonen, in fette Folie eingepackt. Ich würde hier am liebsten alles und jeden fotografieren. Mache ich natürlich nicht. Ist ja nicht nur unhöflich, wäre auch unverschämt. Die Leute sind unheimlich nett und freundlich. Man fühlt sich sofort zu Hause. Allerdings gibt es viel, viel zu viel zu essen. Mich überrascht, dass es gar nicht so fettig ist. Es gibt sogar Salat. Der Kuchen allerdings! Ich rühr den nicht an. Das Zeug da drauf, dass kann nur ganz übel süß sein. Und es gibt keinen, absolut keinen Alkohol. Da bin ich froh, dass Adam uns ein bisschen Whisky hat probieren lassen, während wir auf Eva gewartet haben. Um den Kuchen zu probieren, bräuchte ich so einen Whisky allerdings jetzt, hier, zum Nachspülen.

Wir haben einen unglaublich schönen, netten Abend. Big Mama erzählt uns ihre Geschichte, die aus einem Film stammen könnte. Dann singt die dünne weiße Frau einen Country Song und Adam und Eva etwas aus China.

Amerika ist ein Schmelztiegel. Und an diesem Abend fehlen eigentlich nur noch ein paar Mexikaner.

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8 Kommentare leave one →
  1. August 9, 2013 2:08 pm

    Ganz große Klasse! 😀 Ich finde das so großartig, daß du dein Reisetagebuch bloggst – das ist so, als würde man zusammen mit dir auf dieser überaus interessanten Reise sein…

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  2. August 9, 2013 9:00 pm

    Wooh, da war echt was los. Freue mich auf die nächste Tagesbeschreibung.

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  3. August 10, 2013 2:58 am

    cool, ole Lady! endlich wieder klasse Berichte mit tollen Fotos. (und das Bildchen von Hollywood iss auch dabei – ich fass es nicht 😉

    Ich freu mich schon auf mehr Buchstaben und Pixel

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  4. August 10, 2013 9:41 pm

    Danke für die vielen Bilder.
    Spannend finde ich das Treffen mit Kay.

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  5. August 11, 2013 9:40 am

    Danke Euch allen!

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  6. August 15, 2013 7:26 pm

    Ich hab da drüben am laufenden Band Pancakes gegessen, die waren auch in Restaurants meistens ziemlich lecker. An einem noch viel leckererereren Originalrezept wäre ich allerdings auch heftig interessiert *g* 😉

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    • August 15, 2013 8:11 pm

      Och nee, ne? Ich habe wirklich durchgehalten und jetzt sagst Du mir, dass es umsonst war? Sobald die Cousine mir das Rezept geschickt hat, leite ich es weiter

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