„Vorsicht Buch“
.. lautet der Titel einer auf drei Jahre angelegten Lesekampagne, über die beim gestrigen Festakt zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse viel geredet wurde.
Vor dem Gewandhaus demonstrierten seit diesem Monat arbeitslose Buchdrucker unter dem Motto „Buchstadt Leipzig. Buchstadt?“ gegen neuerliche Schließungen hiesiger Druckereien.
Die großen Verlage, wie Insel oder Reclam verschwanden ja schon kurz nach der Wende. Die meisten großen Druckereien folgten. Einige zogen auf die grüne Wiese. Interdruck stand jahrelang leer und sieht nun seiner Zukunft als hochwertig sanierte Wohnanlage entgegen.
Nun also schloß die „Messedruck Leipzig“ für immer ihre Pforten, die „Offizin Andersen Nexö“ soll im Mai folgen. (update: Bitte beachten Sie hierzu, insbesondere zur Schließung der OAN, die Kommentare von FaceGuard, in der die Aussagen des Demonstranten richtig gestellt werden)
Der Besitzer beider Standorte, so teilte uns einer der frustrierten Demonstranten mit, sei Immobilienmakler und am Überleben der Traditionsfirma nicht interessiert. Er hätte wohl alle kleineren Firmen gekauft und nach und nach in den Ruin getrieben. Unser Gesprächspartner nannte noch andere Druckereien, deren Namen ich aber vergessen habe.
Denn auch im Gewandhaus gab es viel zu hören.
Erst mal Musik. Wagner.
Dann viele Reden. Der Leipziger OB Burkhard Jung sprach in seiner Rede den anwesenden sächsichen Ministerpräsidenten direkt an zum Thema der nach Deutschland kommenden Roma mit den Worten: „Und ich meine: Ja, wir müssen sie aufnehmen!“.
Fand ich gut.
Klaus-Michael Bogdal wurde für sein Buch „Europa erfindet die Zigeuner. Eine Geschichte von Faszination und Verachtung“ mit dem Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet. Allein die Laudatio war großartig.
Zwischen all den Reden gab es immer wieder Musik, aus der Zauberflöte und dem Figaro.
Und dann sprangen plötzlich alle auf und strömten aus dem Saal.
Ich war völlig überrumpelt.
„Ja, jetzt gibt es Essen und Trinken“, klärte mich die mich begleitende Buchhändlerin auf.
Aha, auch Schöngeister werfen also gern ihre Manieren über Bord, wenn es was umsonst gibt. Das ist doch irgendwie beruhigend, oder?
Spontan fällt mir ein Plakat Klaus Staecks ein: Bibliotheken sind gefährliche Brutstätten des Geistes.
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Achtung – Lesen gefährdet Ihre Dummheit!
Ja, ja, auch sehr viele Schöngeister pflegen bei kostenlosen Speisen und Getränken hemmungslos unartig und gierig zu werden – als Serviererin bei ungezählten Steh- und anderen Empfängen kann ich da gar ein Liedchen von singen… 😉
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Offizin Andersen Nexö – welch ein traditionsreicher Name, welche wunderschönen Bücher wurden dort hergestellt. …
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Es wird wohl nicht die letzte Schließung einer Druckerei sein. Im mordernen Kommunikationszeitalter ist halt weniger Platz für Gedrucktes. Ich bedauere diesen Trend, da ich beim Lesen lieber etwas handfestes in der Hand habe.
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Ich habe mich erkundigt und kann behaupten, dass bei der OAN der „Geschäftsbetrieb in vollem Umfang fortgesetzt“ wird. Derartige Gerüchte um eine Schließung können nur zur Gefährdung von Arbeitsplätzen führen (verunsicherte Kunden) … und so etwas braucht keiner!
Auch habe ich erfahren, dass der Inhaber kein Immobilienmakler ist. Er führt seit 25 Jahren ein Familienunternehmen, welches seit fast 100 Jahren besteht und von Anfang an aus Buchbindereien und Druckereien besteht.
Nix für Ungut, aber einen guten Blog macht eben auch der Wahrheitsgehalt aus.
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Zensur im Blog?
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Sorry wegen der Zensurbemerkung !!! Habe meinen Kommentar nicht gefunden …. wurde dann aber sichtbar, und muss ja erst freigeschaltet werden. Schönes Wochenende !
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Lieber FaceGuard
Die Aussagen zur Schließung der OAN beziehen sich auf die Aussagen der Demonstranten. Es gab für mich keinen Grund, daran zu zweifeln.
Was den Besitzer betrifft.so habe ich extra noch hinzugefügt, dass diese Info von einem „frustrierten Demonstranten“ stammt und da ich diese Aussage nicht verifizieren kann, habe ich auch sei geschrieben und nicht ist.
Im übrigen ist dies ein Blog, in dem ich meine subjektive Sicht der Dinge darstelle. Ich bin kein Journalist, erhebe keine journalistischen Ansprüche und bilde mir eine Meinung aus dem, was ich im Internet recherchiere oder mir Betroffene mitteilen. Und in diesem Fall gab es für mich keinen Grund, an den Aussagen eines Betroffenen zu zweifeln, jedenfalls hinsichtlich der Schließung, zumal die Firma ja im Januar schon Insolvenz angemeldet hat.
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Vielen Dank für die freundliche Antwort und die Möglichkeit die Fehlinformation der Demonstranten richtig stellen zu dürfen. Als Betroffener fänd ich es halt nur schade, wenn durch substanzloses Geschwätz der Demonstranten weitere Arbeitsplätze gefährdet würden. ….. auch wenn ich deren Emotionen gut verstehen kann. Dank & Gruß, FaceGuard
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Oops, da warst Du schneller. Ich wollte mich eben nämlich grad noch bedanke für die Richtigstellung deinerseits. Im Blog selbst werde ich auch noch mal auf den Kommentar hinweisen.
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Sehr cool – Danke!
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