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Und abends spielt die Musi (29.08.2012)

September 15, 2012

Das Fehlen von Wanderwegen ist ganz klar ein Nachteil. Trotzdem wollen wir die 9km nach Budesti  (sprich Budescht) laufen.. Unsere Wirtin ruft uns hinterher, ob wir nicht frühstücken wollen. Haben wir aber schon. Und wohin wir wollen? Nach Budesti. Mit dem Bus? Nein zu Fuß. Oioioi, lamentiert sie und will uns mit dem Auto hinfahren. Aber nein, lehnen wir dankend ab und radebrechen unter Zuhilfenahme von Händen und Füßen, dass wir laufen WOLLEN. Sie starrt uns entgeistert an. Das sind Deschi (10) Kilometer, klärt sie uns auf. Wir wiederholen lachend, dass wir laufen wollen. Oioioi, Deutsche Olympioniken würde ich mal übersetzen, wie sie uns betitelt.

Wir stapfen los. Es ist Mittwoch und merkwürdig viele Menschen sind unterwegs. Alle irgendwie viel zu gut gekleidet für einen Arbeitstag. 29.8. Hm? Ist da was. Maria Himmelfahrt war doch gestern, oder?

Als wir raus aus dem Ort sind und die Landstraße lang stapfen, hupen uns die Autos an. Nein, wir wollen LAUHAUFEN!!!!

Obwohl..

Nein. LAUFEN.

Es ist heiß, die Autos wirbeln den Kies an den Straßenrändern hoch. Staubtrocken ist hier eh alles und irgendwann schmeckt selbst das Trinkwasser  staubig. Und wieder kein Baum am Straßenrand. Stattdessen säumen Wiesen den Weg nach Budesti, die Obstbäume stehen in sicherer Entfernung.

An der Kreuzung nach Halinesti sitzt ein Mann und verkauft geflochtene Körbe. Als er uns sieht, kommt er uns mir ausgebreiteten Armen entgegen und verwickelt uns in ein freundliches Gespräch, versucht aber keinen Moment, uns etwas zu verkaufen. Wir ziehen lachend weiter und machen hinter einer Biegung Rast auf einer Heuwiese. Hügelan hat sich einen Bauer einen kleinen Tisch und eine Bank unter einen Obstbaum gezimmert. Schatten und Sitzgelegenheit dankbar annehmend, blicken wir hinunter auf die Straße und zurück zur Kreuzung. Zwei Deutsche Biker haben bei dem Alten angehalten und radebrechen rum. Gestern haben wir schon zwei Radfahrer gesehen, zwei sehr verbissene Deutsche, die missmutig nach Ocna Sugatac rein und dann wieder raus gefahren sind. Morgen werden wir noch ein Mannheimer Auto sehen. Das wars. Mehr ausländische Touristen gibt es nicht. Aber rumänische, ich nenne sie mal, Sommerfrischler. In Ocna Sugatac jedenfalls. Der Ort hat nämlich zwei Heilbäder, eins mit Schlamm und eins mit Salz. Dadurch konnte sich ein kleiner bescheidener Kurtourismus entwickeln. Für die Rumänen. Deutschen rate ich dringend davon ab. Wir jedenfalls waren in keinem der Bäder.

Budesti ist das größte Dorf der Maramures. Viele neue Häuser. Eine Omi winkt uns auf den Hof. Dort versteckt sich der ABC, also der Tante-Emma–Laden des Ortes. Noch mehr Omis sitzen im Laden und davor und schwatzen.

Den Weg zur Steinkirche finden wir nicht, obwohl wir sie mehrmals sehen, aber die Holzkirche aus dem 17. Jahrhundert liegt quasi auf dem Weg. Leider wieder verschlossen.

Auch in Budesti sind viel zu viele Leute unterwegs. Also, einfach nur so, ohne irgendeiner Beschäftigung nachzugehen. Wir laufen nach Sarbi, dass, so sagt der Reiseführer, ähnlich hübsch sein soll wie Callinesti. Wie der andere Ort schlängelt er sich mindestens 3km entlang der Straße. Allerdings wirkt er erst mal gar nicht so folkloristisch. Aber im Zentrum stehen sie dann, die kleinen traditionellen Holzhäuser. Daneben viele geflieste Lehmhäuser, die wir bunte Farbtupfer in den Obstgärten stehen. Zwei Holzkirchen soll es hier auch geben, aber wir sehen sie nur aus der Ferne.

Über Callinesti geht es zurück nach Ocna Sugatac.

Über 20km sind wir durch Sonne und Staub gelaufen. Den Kopf konnten wir, als es uns irgendwann zu heiß auf der Rübe wurde, mittels der modernen Version des Kopftuches, Buff genannt vor Hirnerweichung und Sonnenbrand schützen, gegen den Staub sind wir machtlos. Er dringt in alle  Poren und bildet im Übrigen mit dem Schweiß eine schmutzige Kruste am ganzen Körper. Da sind wir doch richtig froh, dass die einheimischen so schöne neue Pensionen an manchen Ort gestellt haben. Und als wir frisch geduscht auf dem Balkon rumhocken, bringt uns die Wirtin je zwei mit Pflaumenmarmelade gefüllte Palatschinken. Das ist schon unheimlich, wie nett die Leute hier sind, meint Kerstin. Und ich stimme ihr mampfend zu.

Und abends dann klingt aus dem Hof gegenüber Musik. Gitarre, Fiedel, Männer- und Frauensingstimme. Jemand schlägt den Takt auf etwas Hölzernen oder klatscht im Rhythmus dazu. Beste Balkanmucke. Ein Lied glaube ich sogar zu erkennen. KulturShock hat das im Programm. Ganz deutsch wie wir sind, trauen wir uns nicht, hin zu gehen. Also ich würde ja schon, aber nicht allein. Und Kerstin krieg ich nicht vom Balkon gelockt. Ähnlich dämlich haben wir uns schon heute Nachmittag verhalten, als wir der Einladung eines Opis, der uns auf seinen Hof winkte,  nicht gefolgt sind. Wieso eigentlich? Wovor hatten wir Angst. Aber wir sind noch ein paar Tage hier und werden keine Einladung mehr ablehnen, versprechen wir uns gegenseitig.

Hier wieder die kleine Vorauswahl der Bilder, die sich beim Anklicken vergrößern lassen. Musik gibts später im Album

10 Kommentare leave one →
  1. September 15, 2012 9:16 am

    Immer schon anzusehen, diese Holzbauten. Natürlich, nur sehr gefährlich bei der üblichen Sommertrockenheit.
    Ich hoffe Ihr konntet Eure Angst überwinden und habt mal eine dieser Einladungen angenommen 😉

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    • September 15, 2012 10:46 pm

      Die Gedanken hatten wir auch. Also die wegen der Brandgefahr. Denn da heizen ja alle noch mit Holz. Und es war extrem trocken und heiß, also das Wetter. Trotzdem haben die Bauern fröhlich Zeugs auf ihren Feldern verbrannt. In den Höfen rauchte immer irgendein Ofen, in dem geräuchert oder Marmelade gekocht wurde. Vielleicht können Menschen, wenn man sie nicht zu sehr gängelt, ja doch verantwortungsbewusst mit Feuer umgehen? Jedenfalls da, wo ihre Existenz von Land und Hof abhängt?

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  2. September 15, 2012 10:34 am

    Jetzt, da du wohlbehalten wieder zuhause angekommen bist, kann ich das ja sagen: vor den Einladungen habt ihr euch gefürchtet, aber den Knoblauch an den Haustüren,war euch denn kein Warnzeichen? In jenen Landstrichen kommen nachts Vampire und Wiedergänger treiben ihr Unwesen bei schönen Frauen 🙂
    btw: schöne Fotos!

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    • September 15, 2012 10:43 pm

      Wir waren nachts fast nie draußen. Oder wenigstens nur kurz. Oder wenn es sich nicht vermeiden ließ. Und im Übrigen, vielleicht schreibe ich ja all diese Berichte nachts 😀

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  3. September 15, 2012 6:53 pm

    Diese Holzhäuser und -tore sind so schön malerisch… Was die Vorsicht vor Einladungen anbelangt, da fühle ich mit euch, da ginge es mir genau so. 😉

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  4. September 15, 2012 9:12 pm

    Ist das wirklich Knoblauch vor den Haustüren? Ich mein das grüne Zeugs das da überall hängt, ich hab Knobi anders in Erinnerung, aber ich kenns auch nur aus dem Supermarkt 😀
    Auf jeden Fall großartig, alles. Dein persönlicher Reisebericht mit Fotos schlägt jede Fernsehdoku um Längen, ich wünschte ich hätte dabei sein können.

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    • September 15, 2012 10:49 pm

      Grün? Nee, das ist das weiße Zeug ganz links auf dem Foto mit der Frau vor ihrem Haus zB.
      Ach ja, und danke für das Lob. Es freut mich, dass Dir Bericht und Fotos gefallen

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      • September 16, 2012 12:29 am

        Ach da, ja. Hab ich glatt übersehen neben den Zwiebeln. Aber was ist das für ein Kram der da rechts hängt? Das Zeug ist mir schon am Vortag aufgefallen, da hing das auch irgendwo, aber reichlich.

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  5. September 16, 2012 10:23 am

    @Zaph: Das sind Bohnenschoten

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