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20 Jahre Sonnenblumenhaus

August 22, 2012

Vor 20 Jahre flogen in Rostock Brandsätze in ein Asylbewerberheim. Unter dem johlenden Beifall der Zuschauer und Anwohner wurden Fensterscheiben eingeworfen, „Deutschland den Deutschen“ gebrüllt und mancher Arm hob sich in seliger Verzückung zum Hitlergruß.

Und entgegen allen Beteuerungen im Fernsehen oder der schreibenden Presse ist das auch heute noch möglich. Nicht nur in Rostock. Das zeigten erst kürzlich die Diskussionen um die Dezentralisierung der Asylbewerberheime in Leipzig.

Und das zeigt auch die erschreckende Art und Weise, wie in der Presse und im TV über dieses Ereignis vor 20 Jahren berichtet wird. In der LVZ-online vom 21.08.2012 bekundet man fast Verständnis, wenn von verwahrlosten Neuankömmlingen geschrieben wird und: „Menschen campierten unterm Himmel, es stank nach Unrat und Exkrementen, es gab Diebstähle und Übergriffe. Der Ärger und auch die Verzweiflung der Anwohner wuchs ins Unerträgliche“.

Vielleicht zeigt sich an diesem Beispiel nur besonders deutlich, wie auch die Presse und Medien Meinung und Weltbild des Durchschnitbürgers manipulieren. „Sprache ist Macht“ schrieb Victor Klemperer schon in den 50ern und bezog sich dabei auf die Sprache des 3. Reiches. Wir liebten dieses Buch, weil es sich 1:1 übersetzen ließ auf die Sprache der DDR. Und es lässt sich auch 1:1 übersetzen auf die Sprache heute. Weil Sprache nun mal Macht ist. Das war so und ist so. Werbefuzzis wissen das. Warum also sollten Meinungsmacher das nicht wissen? Und wessen Meinung die „unabhängigen“ Printmedien und öffentlichen Fernsehanstalten vertreten, lässt sich leicht heraus lesen und hören.

Glauben Sie nicht? Dann lesen und hören Sie genau hin! Nicht nur, wenn es dieser Tage um Rostock geht.

Trotzdem: Rostock ist immer wieder möglich. Überall und zu jeder Zeit. Auch wenn Fernsehen und Zeitungen Ihnen etwas anderes weismachen sollen! Auch westlich der Elbe.

13 Kommentare leave one →
  1. August 22, 2012 8:29 am

    Mit diesem Problem werden wir Menschen immer zu kämpfen haben. Neben dem Rassismus finde ich es aber auch sehr schlimm, dass wir wegschauen oder sagen: Ach ist doch gar nicht so gemeint! Da dreht sich bei mir der Magen um!

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  2. August 22, 2012 9:06 am

    Victor Klemperers LTI (ligua tertii imperii) steht auch hier. Besonders aufrüttelnd war für mich, wieviele Worte heute in der ganz normalen Sprache gebraucht werden, die der kleine braune Propagandachef seinerzeit in die deutsche Sprache eingeführt hat.

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  3. August 22, 2012 10:25 am

    Wahrscheinlich wird die Menschheit immer Probleme mit Rassismus haben, den Menschen ist die Angst vor Neuem bzw. Andersartigem ja in die Wiege gelegt… Ich denke Erziehung und Bildung sind es die das ändern. Schade, dass das in einem zivilisiertem Land – wie dem unseren – nicht immer besonders gut klappt.

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  4. August 22, 2012 11:25 am

    Es ist mir aufgefallen, dass, egal um welche rechtgerichtete Ausschreitung es sich handelt, es auch immer eine Schuldzuweisung an die Opfer gibt. Man sollte wirklich genau hinhören und genau lesen.
    Du hast Recht: Rostock ist immer wieder möglich. (Und viel schlimmer finde ich die, die nicht öffentlich verzückt den rechten Arm heben, aber gut in das Denkmuster passen.)

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  5. August 22, 2012 2:10 pm

    Und weil Rostock immer wieder möglich wäre muss alles getan werden um das zu verhindern. Und wenn unsere Politiker zu dämlich sind für diesen Job müssen wir das eben selber machen.

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  6. Die Gedanken sind frei permalink
    August 22, 2012 3:10 pm

    Der einzige Weg ist Bildung und Aufklärung.
    Dann eignet sich das „Fremde“ und Wehrlose natürlich auch wunderbar zum Abreagieren von Frust und Unzufriedenheit.

    Liebe Grüße

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  7. August 22, 2012 9:03 pm

    In diesem Land gibt es schon seit Längerem eine erschütternde „Blindheit auf dem rechten Auge“. Und Ja, von den Medien wird in dieser Hinsicht kräftigst manipuliert!

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  8. August 22, 2012 10:42 pm

    Gerade läuft auf Phoenix eine Dokumentation. Erschreckend. Erschreckend wie sich der „Mob“, oder sollte ich sagen, das normale Volk?, aufwiegeln und verführen lässt. Andererseits kein Wunder, wo latenter Rassismus vorhanden ist. Und da sind wir uns einig, der ist weit verbreitet. Ich gebe Euch Recht. Da hilft nur Bildung. Bildung, die zu Wissen führt. Wer zB weiß, dass Asylbewerber im Verfahren nicht arbeiten dürfen, also auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Diese werden dann gern als Schmarotzer beschimpft.

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    • August 22, 2012 11:05 pm

      Ich habe diese Dokumentation auch gesehen. In der Tat erschreckend. Entsetzlich finde ich vor allem das Verhalten der Polizei, die doch eigentlich dazu verpflichtet gewesen wäre, einzugreifen. Man riskiert ca. 150 Menschenleben, lässt Rechtsradikalismus, Zerstörung, Brandstiftung, Bedrohung zu, nur um einem vielleicht ungeliebten Vorgesetzten eines auszuwischen? Ich kann gar nicht fassen, dass es so etwas tatsächlich gegeben hat, höchstwahrscheinlich immer noch gibt…

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  9. September 7, 2012 12:26 am

    Sehr gut !!!

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