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Go West Teil III

August 13, 2012

Oder eine  BaustellenHindernissfahrt

Am 18.Juli 2012 machte der Stadtrat den Weg frei für die schrittweise Erschließung des Lindenauer Hafens, den Anschluss an den Karl- Heine- Kanal und die Entwicklung eines neuen Stadtquartiers am Standort.

Allerhöchste Zeit also, da wieder mal hin zu fahren und ein paar Fotos zu machen.  Bevor dort Stadthäuser und Lofts mit Zugang zum privaten Anlegeplatz die Ufer säumen.  So jedenfalls stelle ich mir die Zukunft dort vor, betonte OBM Jung doch, dass dort  hochwertiges Wohnen und Erholung zukünftig eine Einheit bilden. Und die explizite Erwähnung der Wassertouristik lässt mich nun mal an Yachthäfen, Privatanlegeplätze und allem, was dazu gehört denken.

Der Lindenauer Hafen ist wie der 2600m lange Karl-Heine-Kanal Teil des auf  Initiative des  namensgebenden Leipziger Rechtsanwalts und Industriepioniers  zurückgehende Projekt eines Schifffahrt-Kanals, der die Weiße Elster und die Saale verbinden sollte.

Doch die Bauarbeiten, die 1864 begannen, endeten 1898 kurz vor Erreichen des Lindenauer Hafens.

In den 1990er Jahren wurde der Kanal saniert. Der Hafen aber blieb Mountainbikern ein beliebtes  Freitrainingsareal. Schon im Zuge der Olympiabewerbung Leipzigs fürchteten die, die die marode Idylle des Geländes schätzen, eine Sanierung. Nun ist es soweit. Leipzig, mit den Seen im Süden und im Norden, mit den das Stadtgebiet durchziehenden Flüssen und Kanälen, mit seinen derzeit noch 457 Brücken und Stegen (mehr  gibt es in Deutschland nur in Hamburg und Berlin) träumt von einem alle Seen und Wasserwege verbindenden Wassersportnetz. Ein schöner unterstützenswerter Traum, den man allerdings auch kritisch beobachten sollte, gilt es doch zu verhindern, dass ruhige Flussarme der Motorisierung durch Boote  zum Opfer fallen.

Aber darum soll es heute gar nicht gehen.

Ich habe mich am Samstag also aufs Rad gesetzt und bin den Karl-Heine-Kanal entlang geradelt. So viele Fotomotive! Aber Nein, ich habe mich nicht verzettelt, sondern bin straight Richtung Hafen gefahren.

Kurz hinterm Kanal28 versperren mir dann plötzlich bunt besprayte Betonwände den Weg. Ein Blick über die Mauer verrät, da hinten geht’s weiter. Nur wie komme ich dahin?

Ich störe ein Pärchen, das die lauschige Abgeschiedenheit der Sackgasse zur Zweisamkeit nutzt. Ja, da musst Du zurück und über die Brücke und dann musst Du bissl klettern an der Baustelle und dann…

Auf der Baustelle überrascht mich lauter HipHop, der aus einer der Betonröhren dröhnt. Ein paar sehr laut gickernde Jugendliche haben sich da ihren originellen Partyraum eingerichtet. Über Betonreste und Geröll wuchte ich das Rad kletternd auf die Brücke –  und stehe  inmitten einer gigantischen Baustelle. Äh, gibt es hier einen Ausgang? Ich finde schließlich einen Bauzaun der sich aushängen und öffnen lässt und folge der erneuten Beschreibung eines Anwohners rechts hinter der Tanke.

Alle Wege enden an verschlossenen Zäunen oder im Nirgendwo. Dabei kann ich den Hafen schon sehen!

Da bleibt nichts, als zurück zu fahren, den ausgewiesenen Weg, der die Baustelle umfährt (ja, den gibt es!) und dann die Plautstraße  zu nehmen und quasi von „hinten ran“ zu fahren. Ich finde sogar das Loch im Zaun und stapfe ein bisschen zwischen den alten Speichern rum. Viele sind es freilich nicht. Aber der Hafen ging ja auch nie in Betrieb.

Es ist still hier draußen. Idyllisch. Am Ufer gegenüber der Speicher finden sich nur wenige Angler und für Liebespaare ist genug Platz. Sogar Zelte verstecken sich etwas abseits hinter Bäumen und Büschen. Verlassene Lagerfeuerplätze und ganz phantastische einsame Uferplätze werden wohl bald der Sanierung und Neugestaltung zum Opfer fallen. Ich fürchte, wie auch an den Seen im Süden und Norden werden viele Bäume weichen müssen und die Wald und Wiesenwege werden asphaltiert.

Ich finde dann doch den Radweg zurück zur Lützner Straße.

Die Scherben sehe ich zu spät.

So schiebe ich dann mein Rad zum 3. Mal über die Baustelle. Richtung Busbahnhof. Dort gabelt mich mein Bruder auf.

Irgendwie nicht so richtig mein Tag gewesen. Aber die Ruhe und Schönheit des Hafens waren die Irrungen und Wirrungen allemal wert. Und wenn der Reifen geflickt ist, geht es weiter mit der Erkundung des Westens.

7 Kommentare leave one →
  1. August 13, 2012 4:34 pm

    Go West wird immer interessanter – und sollte es sich einmal fügen: kann man bei dir eine fachkundige Führung reservieren? 😉

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  2. August 13, 2012 8:43 pm

    Manno, da warst du ja fast bei mir! Und an dem Tag bin ich mit dem Jan auch da herumgeturnt. Wir waren auf einer herrlichen Wiese, auf der es sogar Rehe gibt (und Schlehen :D). Die wird es garantiert nicht mehr lange geben.
    Ach ja, ich schrteib dir jetzt gleich eine Mail.

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  3. August 13, 2012 11:35 pm

    Interessante Gegend, dass Leipzig so viel Wasser und Brücken hat wusste ich vorher auch nicht, die Stadt wird mir immer sympathischer. Die Motorisierung ruhiger Flussarme durch Boote kann man ganz einfach verhindern, hier auf der Alster und ihren Nebenarmen und Kanälen darf man rudern, paddeln, treten, und wenn man kann auch segeln, aber Motor ist nur für die Pulizei und die Alsterschipper auf dem großen Teich. Die Alsterpaläste haben natürlich auch alle einen eigenen Anleger, aber halt nur nen kleinen fürs Kanu.

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  4. August 15, 2012 9:52 am

    Tolle Bilder!
    Allgemein habe ich in Leipzig oft das Gefühl, man sollte eigentlich alles fotografieren, weil es oft so schnell und plötzlich wieder verschwindet. Schade, dass ich dazu nicht immer das Equipment und die Zeit habe, sonst würde mich das echt für Stunden fesseln…

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    • August 15, 2012 10:12 am

      Da gebe ich Dir absolut Recht. Deshalb gehe ich nur noch mit Taschenknipse aus dem Haus, die ich mir extra zugelegt habe. Aber nicht immer fällt einem auf, wenn sich was geändert hat. Da steht man plötzlich da und fragt sich: War hier nicht mal…? Nur, um zu erfahren, dass das schon seit einem halben Jahr oder länger weg ist.
      Und wenn es dann auf so eine geplante Tour geht, habe ich natürlich eine der großen Kameras dabei. Danke übrigens für das Kompliment. Und kleiner Tipp fürs WE: Noch steht der Hafen so wie auf den Fotos. 😉

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