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Neulich in der Kofi

Mai 12, 2012

(Kofi (sächs) = Kaufhalle (DDRisch) = Supermarkt)

Manchmal, wenn ich zu faul bin oder was brauche, was es im Discounter meines Vertrauens nicht gibt, gehe ich ins Wohnviertel in unsere Kofi.

Und da durfte ich letztens miterleben, wie eine Angestellte einen Azubi, mein kleines Kind würde sagen, „dumm machte“.

Ein Verkäuferin(Alter schwer einschätzbar, mindestens 35, könnte aber auch 55 gewesen sein, auf jeden Fall füllig und groß) stürzt in einen Gang zwischen zwei Regalen und ruft laut und das es alle hören können (Kofis sind in der Regel nicht sehr große Supermärkte) „Naaa? Hältst Du Dich am Rollregal fest?!“ Ein neben ihr sehr schmächtig wirkender Jüngling von vielleicht 16 Jahren stammelt kaum vernehmlich eine Entschuldigung, ja ich kann sogar einen kleinen Protest hören, windet sich vorbei an der Großen und verschwindet im nächsten Gang. Die Aufpasserin aber redet weiter, in der gleichen Lautstärke mit, ich nehme an, einer Kollegin, sehen kann ich sie nicht, denn die Matrone füllt den Gang in seiner ganzen Breite aus. „Nu, der hat sich doch am Regal festgehalten? Haste das gesehen? Als ob’s hier keene Arbeit gäbe. Da muss er mal die Oochen off machen. Der könnte ja die Bierkästen schleppen…“

Während ich mich frage, warum sie das dem Jüngling, der offensichtlich noch nicht erfahren genug ist, Arbeit zu sehen (vielleicht macht er ein Praktikum, ist Azubi im 1. Lehrjahr oder Aushilfe?) nicht direkt sagt, denn das würde doch eine Menge Energie sparen, habe ich das Gemüsesortiment begutachtet, in meinem Kopf haben sich Ideen für die zuzubereitenden Mahlzeiten für die nächsten Tage gebildet und ich schiebe meinen Wagen zurück zu den Milchprodukten.

Da steht die Große und unterhält sich, nun viel leiser, mit einer Kundin. Übers Wetter, den Gesundheitszustand, worüber man eben so plauscht. Ich muss jetzt doch noch mal zum Fleisch und als ich meinen Wagen wieder zurückschiebe, sehe ich zu meiner Erleichterung, dass der Jüngling, der so ohne Matrone neben sich gar nicht so schmächtig wirkt und vielleicht doch schon eher 18 ist, eine Beschäftigung an der Käsetheke gefunden hat. Er schiebt ein bisschen die Stücken hin und her.

Was soll man auch tun? Man kennt das ja von früher. Man  ist irgendeinem Ausbilder oder was auch immer ausgesetzt. Und der verlangt immer, dass man zu tun hat. Auch wenn es nichts zu tun gibt, soll man sich eine Arbeit suchen. Die gibt es schließlich immer.

Ich jedenfalls kann mich noch gut an meine Ausbildung zum Zootechniker erinnern. Da hatte ich im Stall, auch wenn es wirklich nichts mehr zu tun gab, immer einen Besen in der Hand. IMMER! So wie alle anderen auch. Und wenn der Meister kam, fingen wir an zu fegen. So fegten wir wie die Blöden Futtertische, von denen man hätte essen können. Der Meister war zufrieden. Obwohl er doch sicher sah, dass das Ding blitzblank war und soundso keine 5 fegenden Lehrlinge brauchte, um es in der Zustand glückseelig machender Reinheit zu versetzen.

Daran hat sich scheinbar nichts geändert. Der Azubi muss „arbeiten“, egal wie sinnlos diese Arbeit ist. Was mich nur gestört hat, war, dass die Matrone die ganze Zeit, als ich zwischen den verschiedenen Abteilungen hin und her rannte, da stand und quatschte. Und als ich ausgerechnet da, wo sie stand, nach Heidelbeeren im Glas gucken wollte, ging sie grad mal 10cm zur Seite. Ich hätte mich zwischen sie und ihre Gesprächspartnerin drängeln müssen (was ich nicht tat, weswegen es dann Heidelbeeren, die falschen, aus der Gefriertruhe gab). Ein gewisse Vorbildfunktion, finde ich, haben Erwachsene den Auszubildenden gegenüber schon .

Oder gilt immer noch Lehrjahre sind keine Herrenjahre? Im Sinne von Azubi, mit dem kann ich machen was ich will?

13 Kommentare leave one →
  1. Mai 12, 2012 9:03 am

    Ich finde solch ein Verhalten Azubis gegenüber auch stets hochnotpeinlich, unfair und ungerecht. Vielleicht hat die dicke Matrone ja daheim nicht viel zu vermelden, weshalb sie im Kofi den scheinbar Kleinsten und Schwächsten nun schurigeln und vorführen muss…
    Liebe Grüße!

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  2. Mai 12, 2012 11:00 am

    Im Deutschen ist da schon die Sprache eindeutig. Ich werde immer hellhörig, wenn mir jemand sagt, wieviel Leute er/sie „unter sich hat“. Das ist eine Geisteshaltung, ohne die man es niemals bis Stalingrad gebracht hätte….

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    • Matronenmöger permalink
      Mai 12, 2012 11:21 am

      mein onkel selbst hat ca. 456 leute unter sich – er mäht den rasen auf dem gemeindefriedhof …… so ein weitläufiger witz dazu.

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    • Mai 16, 2012 9:54 am

      Dieser Herrengeist ist witzigerweise (na ja…) in Frankreich wesentlich ausgeprägter. Und doch haben die Franzosen in den letzten 150 Jahren keinen Krieg gewonnen… und ohne die Amerikaner hätten sie es nicht mal bis Saarbrücken geschafft…

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      • Mai 16, 2012 11:09 am

        Diesen „Herrengeist“ hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, letztes Jahr in Tunesien mal konkret kennenzulernen. Es scheint, „die Franzosen“ werden noch ein Stück Wegs zurückzulegen haben, bis sie den Postkolonialismus erreichen.

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        • Mai 16, 2012 4:39 pm

          Na ja, Deutschland hatte halt das Vergnügen, seine mickrigen Kolonien schon im Versailler Vertrag zu verlieren. Sonst… hm.
          „Die Franzosen“ haben großenteils die Kolonialkriege (Indochina und Algerien, obwohl letzteres nicht als Kolonie galt) noch nicht verkraftet. Und einstweilen will der Staat auch jede einseitige Negativdarstellung der Kolonialzeit vermeiden – ich vermute, u.a. wegen der Gefahr von Schadensersatzforderungen aus den südlichen Staaten. Obwohl die sich zum großen Teil in der Nachkolonialzeit erst mal so richtig wirtschaftlich in die Sch**ße haben reiten lassen, denen gings meist mit den Franzosen wirtschaftlich wesentlich besser als mit den Paschas.

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  3. Matronenmöger permalink
    Mai 12, 2012 11:02 am

    naja, lehrjahre sind keine herrenjahre – die erfahrung machen wohl die meisten. die matrone mit der kotterschnauze hat´s wohl auch nicht weit gebracht, zumindest in ihren umgangsformen klaffen gewaltige lücken. wer inhaltlich nicht viel zu bieten hat versucht das eben mit lautstärke zu übertönen. schön wäre ja folgende antwort des jünglings gewesen: „frau matrone – erläutern sie mir doch bitte zunächst ihre zielführende planungsstruktur und lassen sie uns gemeinsam an konkreten handlungsaufgaben die sich daraus ergebenden probleme und möglichkeiten eruieren. mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit gehen wir beide dacore und finden einen konsenz der gemeinsamen aufgabenbewältigung unter berücksichtigung des erhalts eines einvernehmlichen und positiven arbeitsklimas.“ spätestens an diesem punkt würde matrones kinnlade der gravitation nachgeben und sich am kofiboden atomisieren. der sicher hilfsbereite jüngling hätte dann auch SOFORT!!! was zu fegen.

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  4. Mai 13, 2012 1:03 am

    Gehört hab ich davon, erlebt hab ich es eigentlich nur bei der Bundeswehr, dass man etwas gemacht hat, was vollkommen überflüssig und dämlich war, um den Anschein von Beschäftigung zu erwecken. Nur damit niemand auf die Idee kommt, man könnte einen noch weit überflüssigeren und dämlicheren Job erledigen. Hab ich gehasst so etwas.
    Wer das bei seiner täglichen Arbeit machen muss tut mir leid, der hat den falschen Job und die falschen Vorgesetzten.

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  5. Mai 13, 2012 10:46 pm

    Ich weiß nicht, ob der Spruch heute noch gilt. Ich kann mir vorstellen, dass viele Azubis frisch von der Schule ziemlich verwöhnt sind. Und erst lernen müssen, zu arbeiten. Nicht nur mal eben so, sondern auch einen ganzen Tag lang. Viele Tage. Das schult auch die innere Einstellung.

    So ne Tante ist natürlich unmöglich. Ich erlebte ähnliche Situationen; bin deshalb zu Praktikanten heute wahrscheinlich viel zu freundlich.

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  6. Mai 13, 2012 10:58 pm

    Ich hab ja auch manchmal mit Azubis zu tun. Und mich auch schon sehr geärgert. Wie übrigens auch mit Berufsanfängern. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass junge Leute, die noch nicht gearbeitet haben, vielleicht ein Praktikum machen oder im 1. Lehrjahr sind, sich in einer fremden Umgebung wiederfinden und egal, wie und wo sie erzogen wurden, die Komplexität eines Arbeitsplatzes noch nicht überblicken können. So finden selbst die, die Arbeit suchen, manchmal keine, weil sie sie einfach nicht sehen oder verrichten in ihrem Eifer irgendwelchen unsinnigen Tätigkeiten. Andere verdrücken sich lieber und bleiben unsichtbar, die einen tatsächlich erleichtert, dass es grad nichts zu tun gibt, die anderen aus ihrem schlechten Gewissen heraus.
    Junge Leute, egal ob Praktikanten oder Azubis im 1. LJ sind da , um arbeiten zu lernen, DIE Arbeit zu lernen. Sonst bräuchte man ja keine Ausbildungsjahre, wenn das nicht notwendig wäre. Es geht doch nicht nur um die Vermittlung von Fachwissen. Ihnen das beizubringen, ist Aufgabe der Ausbilder in den Firmen. Und Frauen wie die beschriebene, man sieht ja, wie kontraproduktiv die Rumschreierei und Dummmacherei war, oder ist hier jemand, der Käse hin und her schieben als ernsthafte Tätigkeit bezeichnen würde?

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  7. Mai 14, 2012 7:59 pm

    Nachdem Frau Matrone scheinbar sich gerne beim Klatsch mit Kunden wichtigtut wird sie nicht allzu viel Geduld und Zeit für ihren Zögling übrig haben. Die besten Ausbilder sind Leute, die sich in einen jungen, unerfahrenen Menschen hinein denken und ihre Auzubis zur Selbstständigkeit motivieren können.

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    • Mai 16, 2012 5:40 pm

      Exakt! Das ist ja nicht anders als bei den eigenen Kindern. In bestimmten Situationen einfach mal innehalten, sich zurückdenken und erinnern, wie man sich in einer ähnlichen Situation als Kind/Jugendliche gefühlt hat. Das hilft oft, die Kinder, besonders die pubertierenden, besser zu verstehen.
      Und Azubis… Ich habe mich als Lehrling oft auch hilflos gefühlt, jedenfalls anfangs, als ich noch nicht wusste, was es so alles nebenbei zu tun gibt

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