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Prägung

Februar 27, 2012

Ende Februar beginnt der Familiengeburtstagsmarathon. Das heißt, in unserer, zugegebenermaßen etwas von einem Clan anhaftenden Familie, stolpert man wöchentlich von einer Geburtstagsfeier zur nächsten. Ich rede hier nur von den Clanmitgliedern, die in L.E. wohnen.

Zum Startschuss bedeuten das 3 Feiern innerhalb von 5 Tagen.

Und da ergibt es sich, dass ich mir manchmal wie ein Außenseiter vorkomme. Unter all den aktiven und pensionierten Lehrern, denen die Lehramt studieren und den Gymnasiasten. Das ist anstrengend.  So anstrengend, dass ich meinen Töchtern scherzhaft mit Enterbung gedroht habe und drohe, sollten sie auch in die Fußstapfen ihrer Großmutter, Tanten und Onkel treten wollen. (Dabei bin ich selbst dem Schicksal nur wegen der Untauglichkeit meiner Stimme entgangen)

Als ich letztens nach so einer Feier in den abonnierten Blogs las, stellte ich fest, dass drei davon von Lehrern geschrieben werden. Da frage ich mich doch. Und erinnerte mich an eine Begebenheit, die mir heute wieder einfiel, als ich im Stoned Rugby gucken war.

Das Stoned, damals noch anders geheißen, war mal meine Stammkneipe. Da, wo heute die Toiletten sind, gab’s damals ein kleines Séparée. So klein, dass grad mal zwei Tische drin Platz fanden. An einem saß ich mit drei Freundinnen zum Weiberabend. Als ein junger Mann vom Nachbartisch zu uns trat und fragte, ob wir Lust hätten, mit ein paar ehemaligen Zöglingen etwas zu trinken.

Hä?

Wir verstanden Bahnhof. Uns war schon klar, dass das eine besonders klug ausgedachte Form der Anmache war. Nur, was hatte das mit den Zöglingen zu bedeuten?

Auf unsere verständnislosen Nachfragen, wiederholte er die Einladung und die Sache mit den ehemaligen Zöglingen.

Wir verstanden immer noch Bahnhof.

Bis er erklärte: Na Schüler! Sie sind doch Lehrerinnen?

Entrüstet verneinten wir und lehnten die Einladung empört ab.

C. und ich äußerten  als Lehrerkinder unsere Betroffenheit, worauf die zwei anderen Freundinnen sich outeten: Auch sie sind in Lehrerhaushalten groß geworden. Nun klagten wir uns gegenseitig unser Leid. Das dadurch vergrößert wurde, dass wir offensichtlich so geschädigt wurden in unserer Kindheit, dass wir noch 10 Jahre danach dermaßen geprägt waren, dass man sogar uns für Lehrerinnen hielt. Wo wir doch allesamt froh waren, der häuslichen Pädagogik entkommen zu sein.

Und ich frage mich, geht es Kindern von, sagen wir mal, Straßenbahnfahrern auch so?

13 Kommentare leave one →
  1. Brigitte permalink
    Februar 27, 2012 1:32 pm

    Klar, geht es andern so: ich bin in einer Kaufmannsfamilie aufgewachsen und habe einen solchen geheiratet. Die Sorgen und Nöte haben sich nicht großartig verändert in den Jahren. Allerdings immer noch besser als das ewige Lehrergestöhne über die Überlastung und die unendlich lange Zeit bis zu den nächsten Ferien……
    Lehrer sind übrigens sehr oft nur mit anderen Lehrern befreundet und üben sich im edlen Wettstreit, wer es am schwersten hat. Wer am lautesten jammert, hat gewonnen!
    So und jetzt tauch ich besser ab, bevor sämtliche Lehrer-Blogger mich erschlagen!

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    • Februar 27, 2012 10:11 pm

      Naja, da muss ich die Lehrer jetzt doch mal verteidigen. Es gibt zwar auch die, die ständig überlastet sind und jammern, aber über die machen sich die anderen Lehrer auch entsprechend lustig. So jedenfalls höre ich das hier im Kreise der Familie immer noch.

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  2. Februar 27, 2012 2:46 pm

    Ein Großvater Pfarrer, einer Lehrer. Das prägte mich mehr, als die Berufe meiner Eltern. Okay, ich trage heute die gleiche Berufsbezeichnung wie mein Vater..

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  3. Februar 27, 2012 3:43 pm

    Bei mir waren meine Mutter und meine Tante Lehrerin. Ich wurde allerdings bisher nie selber für eine Lehrerin gehalten und war bis vor kurzem auch noch keine.

    Seit November hat mich diese „Prägung“ dann aber wohl doch noch eingeholt. Jetzt bin ich auch eine Lehrerin, nur nicht für Kinder, sondern für Erwachsene, was ich als deutlich angenehmer empfinde, auch wenn ich Kinder als Schüler nie direkt erlebt habe. Aber auch ich lese natürlich ein paar prominente Lehrerblogs :-).

    Liebe Grüsse
    asty

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  4. Februar 27, 2012 5:30 pm

    Das muss am Ort liegen: Der Letzte, der mir das angetan hat, stammt auch aus L.E.
    Ich konnte ihm aber keine kleben, denn um ehrlich zu sein: Wenn er nicht gerade sehr kunstvoll an meinen Haaren rumgeschnippelt hätte, hätte ich bei IHM auch auf …Lehrer getippt. 🙂

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  5. Februar 27, 2012 8:10 pm

    Nein, mich konnten die Berufe meiner Eltern nicht prägen. Und wie das mit meinen eigenen Kindern ist? Keine Ahnung. Sie schweigen sich da aus.
    (Ich kenne aber noch einen doofen Spruch, den man mir in meinem Heimatdorf mal an den Kopf geworfen hat: Lehrers Kinder und Pastors Vieh gedeien in der Regel nie. :D)

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    • Februar 28, 2012 11:16 am

      Der ist auch so falsch:
      Pastors Kinder, Müllers Vieh gedeihen selten oder nie, so muß das heißen.
      Und „selten“ heißt soviel wie „außerordentlich“.
      Die Frage ist wohl, kümmert man sich zuerst um seine eigenen Kinder oder um die Gotteskinder, füllt man viel Korn in die Krippe oder lieber in die Mühle?

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  6. Februar 27, 2012 9:45 pm

    Hihi, bei uns hieß der „Lehrers Kinder, Pfarrers Vieh gedeihen selten oder nie“
    Es beruhigt mich, zu lesen, dass auch andere Berufe prägen. Und das es Lehrerkinder gibt, die nicht für Lehrer gehalten werden 😀
    Ich war heute übrigens beim Geburtstag meines Vaters. Da war das Verhältnis Pädagogen-Nichtpädagogen ausgeglichener. Ging auch nur höchstens 2 Stunden lang um Schulkram. Und die restliche Zeit um andere Dinge. Ehrlich

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  7. Februar 28, 2012 11:21 am

    Mein Vater ist OStR i.R. (oder inzwischen a.D., ich weiß das nicht so genau), meine Mutter war Volksschullehrerin – und ist bis heute fest davon überzeugt, sie hätte das handfestere pädagogische Rüstzeug. Vermutlich stimmt es, ich habe mich über Pädagogik immer nur mit ihr ausgetauscht.
    Hat das abgefärbt? Ich glaube nicht. Eher die Musik, die beiden wichtig ist. Lehrer hätte ich nie werden wollen, bin es nun quasi doch, aber nur ein bis zwei Tage die Woche für zwei bis vier Stunden. Pädagogik hab ich gehabt als Studienfach und nichts davon abgebracht.

    Ich vermute, viele Lehrerkinder werden auch dadurch in die Form gepreßt, daß sämtliche Lehrer, denen sie in ihrer Schullaufbahn begegnen, sie gleich als Lehrerkinder abstempeln. Biste gut, hat die Lehrerin von Mutter halt geübt mit dir. Biste schlecht, haste noch n Malus extra weilste ja Lehrerkind bist und also gut sein müßtest.
    Zu meinem Freundeskreis in der Unter- und Mittelstufe zählten tatsächlich mehrere Lehrerkinder; in der Oberstufe wechselte das dann ein wenig. Ich näherte mich dem Proletariat. 😉

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    • Februar 28, 2012 12:17 pm

      Daran, dass wie Lehrerkinder auch abgestempelt werden, ist sicher etwas wahres dran. Meine Mutter sah es jedenfalls so ähnlich wie Du und verteilte sich und uns, als wir zurück nach Leipzig zogen, auf unterschiedliche Schulen. So dass wir nicht nur vom Makel des Lehrerkindes befreit lernen konnten, sondern mein jüngerer Bruder auch nicht an mir gemessen wurde.

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  8. Februar 29, 2012 11:18 am

    Lehrer? Das sind doch die, die morgens immer recht und nachmittgas immer frei haben? 😉

    Im Ernst, natürlich färbt der Beruf der Eltern auf die Kinder in gewisser Weise ab, mal stärker mal weniger stark – im positiven wie im negativen…

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    • Februar 29, 2012 1:07 pm

      Genau! Wie meine Freundin, die Psychologin, übrigens auch ein Leherkind, immer sagt: Wir richten unser ganzes Leben an unseren Eltern aus. Entweder wir machen es genauso. Oder wir sind ständig bemüht es ganz genau anders zu machen ! 😀

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